Der Endanflug im Wettbewerb wird in der Regel mit mehr Risiko geflogen als der Endanflug nach einem OLC-Überlandflug, wo es nur ums Ankommen geht, aber nicht um die Zeit.

In Wettbewerben sind Endanflüge mit MacCready-Werten von mehr als 2 m/s nicht unüblich, sie führen zu brutaler Belastung von Mensch und Material. Das kommt immer dann vor, wenn die Thermik beim Endanflug viel besser ist, als du sie vorher eingeschätzt hast, oder wenn du mit zu viel Sicherheit fliegt.

Du bist über deinem Gleitpfad, der Arm ist lang, die Häuser groß, Fahrt bei 200 oder drüber. Du bist auf mittlerer Thermikhöhe, aber natürlich geht es immer noch an den Wolken lang. Da triffst du dann einen 3 m/s Bart mittschiffs. Das wird im Karton rappeln, dass dir Hören und Sehen vergeht. Es muss dir klar sein, dass du jetzt mit scharfem Ziehen alle Festigkeitsgrenzen deines Flugzeugs überschreiten würdest. Deshalb musst du die Ruhe behalten und langsam und bedächtig ziehen, lässt die Maschine hochschießen, drückst nach, sie fällt aus dem Bart, dein Magen kommt hoch, der Flieger kippt nach vorne und schon liegen wieder 200 km/h an. Wenn du noch Wasser drin hast, ist das etwas weniger brutal.

Du siehst, du musst darauf achten, nicht zu hoch über deinen Gleitpfad zu kommen und den Energieabbau in vertretbarem Rahmen halten. MacCready-Werte von 2,5 (dazu kommen noch 1,5 m/s meteorologisches Fallen -- schau mal in deine Polare) fordern schon bei einer leeren LS4 Geschwindigkeiten über 200 km/h, mit Wasser kommst du an den roten Strich. Je besser dein Flugzeug ist, desto eher kommst du im Endanflug an die Betriebsgrenzen deiner Kiste.

Doppelanflug bei  der Marburg Open 2007Lange Zeit war es üblich, einen Wettbewerbsflug damit zu beenden, dass die Ziellinie niedrig überflogen wurde, Gefolgt von einer halben oder ganzen Platzrunde. Diese Methode, den Tag zu beschließen, ist äußerst unfallträchtig : Überflug zu langsam, zu niedrig, keine Höhe, keine Fahrt für eine Platzrunde, kreuzender Verkehr unmittelbar vor dem Platz, Pilot physisch und psychisch ausgelaugt, mentale Batterie am Ende, kurz - das lebendige Chaos.

Um diesen riskanten Platzrunden zu entgehen, begannen die Wettbewerbspiloten damit, direkt im geradeausflug zu landen. Gegenüber den Niedrigplatzrunden war das ein Fortschritt, aber immer noch gefährlich - und schwierig zu fliegen.

Inzwischen setzt der Zielkreis auf Wettbewerben allgemein durch. Bitte schaue dir die Artikel von John Cochrane zu diesem Thema an. Ein virtuelles Fass um den Flugplatz herum hat einen Rand in definierter Meereshöhe und der Endanflieger muss oberhalb des Randes in das Fass einfliegen. Wenn die Randhöhe 300m über dem Fluglatzniveau liegt, dann ist Luft für saubere Landeeinteilungen. Auch Außenlandungen kurz vor dem Platz werden dadurch risikoärmer.

 

Spinne mal die Situation von dem Hoch-Energie-Anflug von oben weiter fort:

Knapp, aber mit SchmackesDu bist 10 km vor dem Platz, das Wasser rauscht raus, 220 km/h schnell und 150 m zu hoch für die Ziellinie. Wohin mit der Energie ? Du kannst deinen Gleitwinkel auch ohne Klappennutzung ein wenig schlechter machen: Schieben oder Fahrwerk ausfahren.

Schon das Fahrwerk auszufahren bei diesen Geschwindigkeiten ist problembehaftet: Wenn dein Fahrwerk nach vorne ausfährt, musst du es GEGEN den Winddruck verriegeln. Das geht eventuell nicht sicher.

Zur Klappennutzung bei diesen hohen Geschwindigkeitenbedarf es einiger Erfahrung. Daran solltest du dich nicht beim ersten Wettbewerbsflug herantasten. Das sollest du vorab geübt haben.

Fahre die Klappen vorsichtig und langsam und nur ein kleines Stück aus. Pass auf, dass sie sich nicht raussaugen. Wenn du langsamer werden musst, um die Klappen sicher zu betätigen, dann sage im Funk, dass du noch mal hochziehen musst. Vielleicht ist knapp hinter dir und ein wenig höher noch ein Konkurrent, dem du einen Herzkasper verpasst, wenn du unvermittelt von vorn unten in seinen Gesichtskreis steigst. Wo soll der denn hin, wenn er dir plötzlich von hinten oben ins Cockpit schauen kann ? Du siehst, die Piloten, die miteinander in einem Pulk anfliegen, sollten unbedingt Funkkontakt halten - und außerdem empfiehlt es sich, nicht ganz genau in der Spur eines nahen Vordermanns zu fliegen.

Denke an deinen Wasserballast. Du musst eine Ahnung davon haben, wie lange es dauern wird, bis der Ballast aus deinem Flugzeug abgelaufen ist. Dass schwere Flugzeuge schwer zu bremsen sind, mag für viele Wettbewerbsnovizen eine völlig neue oder gar überraschende Erkenntnis sein. Deshalb musst du deine Hähne so früh aufmachen, dass dein Flugzeug möglichst leer über die Linie fliegt.

Das Wasser läuft im Flug kaum schneller raus als am Boden in Ruhe. Deshalb kannst du das während der Vorbereitungen zum Wettbewerb genau ermitteln: 5-8 Minuten sind gängige Werte für 2*100 Liter Wasser. Bei 200 km/h bedeuten 6 Minuten 20 km Distanz !!!!

 

Vorsicht: Knappe Endanflüge werden äußerst gefährlich, wenn dir kurz vor dem Platz dein letztes Quäntchen Sicherheit wegschmilzt. Dein Aktionsradius ist minimal, die notwendige Entscheidungsgeschwindigkeit maximal. Und deine Tanks sind vielleicht noch nicht ganz leer !!

Einen MacCready 0 Anflug mit 100 m oder weniger Sicherheit, womöglich mit Rückenwind, darfst du nur dann wagen, wenn du die Außenlandemöglichkeiten auf den letzten 20 km vor dem Platz sehr genau kennst, schon genutzt hast oder die Plätze schon zu Fuß erkundet hast. Du musst im schlimmsten Fall geradeaus landen können !!

Vorsicht: Überflüge mit starkem Rückenwind sind äußerst gefährlich. Du bist nahe am Boden und hast den Eindruck sehr schnell zu fliegen, obwohl dein Fahrtmesser nur 120 km/h anzeigt. Da lässt es sich mit 40 km/h Rückenwind leicht über den Platz schießen - 5 m hoch - tolles Gefühl. Die Ernüchterung schlägt unbarmherzig zu, wenn du versuchst hochzuziehen und da kommt keine Höhe raus. Die Umkehrkurve, die in dieser Verzweiflung probiert wird, hat schon sehr viele Piloten das Leben gekostet. Wenn du dich in dieser Situation wiederfindest, dann versuche nach vorne auf einer ebenen Fläche zu landen. Besser noch: Komm gar nicht in diese Situation !!

 

Glücklicherweise werden Anflüge mit Direktlandungen auf neueren Wettbewerben unterbunden. Das Ziel ist - wie oben schon erwähnt - nicht mehr ein Tor an der Platzschwelle sondern ein virtuelles Zielfass mit einer Randhöhe deutlich über Platzniveau und mit 2 - 5 km Radius um den Platz. Der Einflug in den Zielkreis muss oberhalb einer Grenzhöhe erfolgen. John Cochrane hat das schon seit vielen jahren gefordert. Erst nach dem schweren Unfall bei der WM in Ungarn (Flugzeug trifft Lastwagen) ist man auch in Europa schlauer geworden.

 

Ich muss zugeben, auch mir haben früher diese Husarenritte bis an den Boden mit dem endlosen Nervenkitzel Spass gemacht. Aber in meiner Laufbahn sind auch einige von diesen Manövern um Haaresbreite an der Katastrophe vorbei geschlittert. Jetzt, in gesetzterem Alter, beurteile ich diese Risikosituationen anders. Und wenn man es genau betrachtet, ist das Anfliegen und Überfliegen eines Zielkreises eine größere fliegerisch-technische Herausforderung als das "rolling finish".

 
 

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