In der Nacht kühlt die Erdoberfläche aus. Sie wird sogar kälter als die umgebende Luft und kühlt damit die unterste Luftschicht aus. Diesen Effekt nennt am "nächtliche Ab- oder Ausstrahlung". Er ist in klaren Nächten stärker ausgeprägt als bei bedeckten Himmel. Die Erdoberfläche verliert die Energie in Form von langwelliger Wärmestrahlung.

In hügeligem oder bergigem Gelände kommt hinzu, dass gegen Morgen die am Boden liegend entstandene kalte Luft von den Hügeln, wo die Ausstrahlung am größten war, in die Täler und Auen abfließt. Dort bildet sich der Morgennebel - Auennebel - Bodennebel.

 

Schema einer  Bodeninversion (Quelle: CD Stadtklima); rote Linie: TemperaturkurveInsgesamt entsteht so die Bodeninversion. Die Luftschichtung ist "invertiert", umgedreht: Am Boden kalt, in der Höhe warm. Diese Schicht kann über den Tälern dick sein, mehrere 100 Meter, über den Hügeln ist sie dünn oder die Hügel ragen sogar aus ihr heraus. Du hast ja sicher schon einmal morgens auf einem Berg gestanden und hast das Tal unter dir nicht sehen können, weil es von einer weißen Matte zugedeckt war. Das war die Oberseite der Talinversion.

Die Luftschicht zwischen Boden und Inversion ist stabil geschichtet. Erst wenn die Sonneneinstrahlung beginnt, wird sie - wo kein Nebel liegt -, vom Boden her "ausgeheizt". Die Luft wird am Boden wieder wärmer, bleibt jedoch so lange unter der Inversionsschicht gefangen, bis - ganz grob - ihre Temperatur so hoch geworden ist, dass die Warmluft vom Boden her die Sperre durchbricht.

Inversion im MoseltalWenn die Nebelschicht zäh und dicht ist, kann die Sonne nicht ins Tal vordringen. Dann kann es vorkommen, dass über den Hügeln oder Bergen, die aus der Bodeninversion herausragen, Thermik entsteht, die Täler im schlimmsten Fall aber den ganzen Tag zugedeckt bleiben (winterliche Wetterlagen).

Bei der Aufheizung folgt der Gang der bodennahen Temperatur an Strahlungstagen einem charakteristischen Muster:

Ab Sonnenaufgang steigt die bodennahe Temperatur zunächst rasch und stetig an, dann immer langsamer, bis sie bei einer Grenztemperatur verharrt. Dort beginnt sie hin und her zu schwanken (ein paar Schwingungen 0,2 bis 1,5 Grad Amplitude), bevor sie - etwas langsamer und weniger stetig - weitersteigt bis zur Tageshöchsttemperatur.

ThermographDurch die Strahlung der hochsteigenden Sonne wird zunächst nur die Lufttemperatur unterhalb der Bodeninversionsgrenze erhöht. Wenn durch Impulsaustausch (Wind über der Inversion) oder durch Aufheizung die Inversion durchbrochen wird, entweicht die bodennahe Warmluft nach oben und bildet die erste Thermik. Gleichzeitig wird die Warmluft am Boden durch kühlere Luft von oben ersetzt. Die Luftmassen werden durchmischt. Dadurch muss die Sonne eine größere Luftmasse heizen. Bis "die Platte wieder heiß" ist, dauert es ein paar Minuten (in der Regel 30 Minuten bis eine Stunde). Dann geht die Aufheizung der Atmosphäre weiter, nicht mehr begrenzt durch der Bodeninversion.

Hast du einen Thermographen am Platz, kannst du so den Zeitpunkt der Thermikauslösung, das Erreichen der Auslösetemperatur beobachten. Das ist der Zeitpunkt, ab dem Thermikflug möglich ist. Natürlich siehst du nur den Zeitpunkt der Auslösung am Platz.

Fazit:
Wenn der Thermograph zittert, hast du den besten Startzeitpunkt schon verpasst. Die ansteigende Temperaturkurve zeigt vorher schon ein deutliche Veränderung, so dass man mit einer kleinen Unschärfe das Erreichen der Auslösetemperatur voraussehen kann.

Wie genau das gehen kann, illustriert eine Episode aus Ungarn.

Rainer Meng und ich flogen einen Wettbewerb in Szeged. Dort war es Usus, dass der Start der Offenen Klasse begann, bevor auch nur eine Spur von Thermik zu fühlen war. Der Sportleiter setzte soviel Vertrauen in die Thermographenbeobachtung seines Meteorologen, dass er die Ausklinkzeit der ersten Schiffe der Offene Klasse genau auf den Zeitpunkt der Auslösetemperatur gelegt hat. Können oder Chuzpe ? Das bringt natürlich beträchtliche Vorteile für die erfliegbaren Streckenlängen.

Ein einziges Mal sind wir nach dem Ausklinken - wir waren die ersten - 200 m gesunken, bevor die Lupfer kamen. Beeindruckend !!

LavalampeDu darfst dir nicht vorstellen, dass die "Gefangenschaft" der bodennahen erhitzten Luft mit dem Durchbrechen der Bodeninversion völlig beseitigt wäre. Insbesondere an schwächeren Thermiktagen bleibt die Bodeninversion als Isothermie bis in den Nachmittag erhalten.

Jeder neue Warmluftbatzen muss sich erst mühsam durch diese zähe "Schleim"-Schicht" durchbohren, bevor er für uns Segelflieger nutzbar aufsteigen kann, ungefähr so, wie die heißen Blasen in einer Lavalampe aufsteigen.

Die erwärmte Luft bleibt nahe am Boden als Polster "kleben". Du kennst die flirrende Luft über dem Aspalt oder über einem Kornfeld.

 

Thermikauslösung  1

Auch ganz leichter Wind treibt die Warmluft zu einer dichteren Blase zusammen und befördert sie leewärts, bis sie an ein Hindernis stößt - hier der Wald mit seiner kühleren Luft. Das könnte auch ein See oder eine feuchte kühle Wiese sein. Die Warmluft schiebt sich über die kühlere Luft und bildet eine Beule nach oben und durchstößt letztendlich die Inversion, wenn sie von unten genügend Hitznachschub hatte.

Thermikauslösung  2  
Thermikauslösung  3 Die Warmluftblase löst sich vom Boden ab und steigt jetzt adiabatisch nach oben, vom Wind versetzt.
Thermikauslösung    4 Derweil hat sich über der Einstrahlungsfläche neuer Wärmenachschub gebildet, der nachfließt und die nächste Blase bildet.
Thermikauslösung  5  
Thermikauslösung  6

Bei starker Einstrahlung wird daraus ein kontinuierlicher Wärmestrom.

Thermikauslösung  7

In der letzten Skizze ist angedeutet, dass es durchaus in der aufsteigenden Luft noch wärmere Blasen gibt, die schneller steigen, den Kern der Thermik bilden und für zusätzliche Verwirbelung sorgen.

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